Quelle: Thuner Tagblatt, 06.07.2020
Kommentar: Dass für IV-Verfahren ein Kostenvorschuss geleistet werden muss, ist schon lange gesetzlich geregelt. Diesen erheben nur nicht alle Sozialversicherungsgerichte. Nun wurde im Kanton Zürich entschieden, dass der Kostenvorschuss in IV-Verfahren eingeführt werden muss – die Idee dahinter ist, dass der Verfahren weniger werden.
Der Vorschuss kann bis zu Fr. 1’000.00 betragen. Meist sind es zwischen Fr. 200.00 und 500.00.
Nun kann man darüber den Kopf schütteln und denken, das können sich nur wieder die begüterten Menschen leisten.
Da ist dagegen zu halten, dass beim gleichzeitigen Antrag und Zusprache auf unentgeltliche Rechtsverbeiständung dieser Betrag nicht fällig wird.
Und ja, meiner Erfahrung nach, werden immer wieder, ja sogar vermehrt, Gerichtsverfahren angestrengt, die von Beginn an aussichtslos sind. Es gibt auch Anwaltspraxen, die sich dessen bewusst sind. Diese „schwarzen“ Schafe aber wollen die Parteientschädigung, die fast immer gesprochen wird, ausser es ist wirklich von Beginn an klar, dass die Beschwerde grobfahrlässig eingereicht worden ist (grobfahrlässig ist es z.B. wenn eine 60-jährige Person eine AHV-Rente will und dagegen Beschwerde führt, da sie diese nicht erhält).
Es führt oft auch immer wieder darauf hinaus, dass es „nur“ darum geht, den Sachbearbeiter anzugreifen, der IV einen Tritt zu geben oder einfach das System zu „ärgern“. Ja – das kann auch ohne Anwalt gemacht werden. Weshalb soll dann der Steuerzahler diese Querulanten auch noch finanzieren?
Aber – das darf in dieser ganzen Diskussion nicht vergessen werden, es ist somit wieder einmal der Mittelstand, der zur Kasse gebeten wird. Einerseits sind die Menschen im Mittelstand finanziell so gestellt, dass keine unentgeltliche Rechtsverbeiständung möglich ist und der Vorschuss zu zahlen ist. Bei einer allfälligen Parteientschädigung wird der Betrag meist so bemessen, dass zumindest die Anwaltskosten zum grössten Teil gedeckt sind.
Ob das Ziel, weniger Beschwerden, erreicht wird, ist fraglich.
Weshalb nimmt man da nicht die Rechtsanwälte in die Pflicht? Sollte ich der Meinung sein, dass gegen einen Entscheid eine Beschwerde geführt werden muss und der Rechtsanwalt, der ja Fachperson ist, der gleichen Meinung, dann sollte der Kostenvorschuss der Rechtsanwalt leisten. Ist er nicht der Meinung, dass eine Beschwerde Aussicht auf Zusprache hat, dann ist keine Beschwerde unter Beizug eines Rechtsanwaltes ja weiterhin möglich – ob das Ziel erreicht wird, ist dann aber fraglich. Gericht und Anwälte wären somit entlastet und könnten sich so den wirklich gerechtfertigten Verfahren widmen.